Karate, Judo und Sumo sind Kampfsportarten, die sicherlich jedem bekannt sind. Jedoch gibt es noch etliche andere Kampfkünste, mit denen man sich beschäftigen kann. So enthält beispielsweise eine Sherlock Holmes-Ausgabe eine Szene, in der Bartitsu ausgeübt wird. Es hat sich zwar ein Tippfehler eingeschlichen, so dass dort stattdessen Baritsu zu lesen ist, aber letztlich kommt es auf den Inhalt an.
Und dieser zeigt eben entsprechende Elemente der Bartitsuverteidigung. Im Folgenden erfahren Sie, wie es zu dieser Kampfkunst kam, was sie im Allgemeinen von asiatischen Kampfsportarten unterscheidet, welche Trainingsarten existieren und wo in Deutschland Übungsangebote zu finden sind.
Ursprung der Kampfkunst
Der Brite Edward William Barton-Wright, der als Ingenieur und Landvermesser tätig war, ist als Erfinder der Kampfkunst Bartitsu zu sehen. 1860 als Sohn britischer Eltern geboren, verbrachte er große Teile seiner Kindheit und Jugend in Deutschland und Frankreich. Später war er ab 1885 als Ingenieur unter anderem in Japan tätig, wo er in Kontakt mit den dort angesiedelten Kampfkünsten kam.
Nachdem er einige Jahre mit dem Studium der asiatischen Kampfarten verbrachte, darunter auch an der Schule von Jigoro Kano, dem Begründer des Judo, kehrte er 1898 nach England zurück.

Im von Mord, Gewalt und Straßenbanden geprägten London, in dem anständige Bürger ständiger Gefahr ausgesetzt waren, sah Barton-Wright die Chance für moderne Selbstverteidigung. Auf geniale Weise verband er Jiu Jitsu mit anderen Kampfstilen. Denn sein Selbstverteidigungssystem beruht zum Teil auf dieser Kampfkunst, die waffenlos vonstatten geht. Das ist aber nicht alles. Ein großer Bestandteil liegt in der Verwendung von Spazierstöcken, was man unter dem Namen Stockfechten oder La Canne kennt.
Auch Prinzipien des Boxens sowie des französischen Savate-Boxens sind elementar. Bei der französischen Variante kommen hauptsächlich Fußtritte sowie Faustschläge zum Einsatz. Es lässt sich leicht erkennen, dass er für die Bezeichnung die ersten vier Buchstaben seines Nachnamens verwendet hat.
Schließlich ist auch noch das schweizerische Schwingen integriert, bei welchem Freistilringen auf Sägemehl stattfindet. Im Jahre 1898 eröffnete Barton-Wright den Bartitsu Club, wo zum Beispiel Pierre Vigny, ein Schweizer Kampfkunstmeister, oder Sadakazu Uyenishi aus Japan als Trainer arbeiteten.
Bartitsu wurde schnell bei den gehobenen Bevölkerungsschichten beliebt. So sehr, dass sogar die Suffragetten -Aktivistinnen, die für das Frauenwahlrecht kämpften- diesen Stil bei den Kämpfen mit den Polizisten anwandten.
Unterscheidung zu asiatischen Künsten
Bei den herkömmlichen asiatischen Kampfsportarten ist stets genau definiert, nach welchen Regeln zu kämpfen ist und wie auf welche Situation reagiert werden muss.
Im Unterschied dazu zeichnet sich Bartitsu dadurch aus, dass immer mit einem überraschenden Element gearbeitet wird, auf welches sich der Gegner nicht im Vorfeld einstellen kann. Dabei kann sogar das Fahrrad, auf dem Hinterreifen vor sich hergeschoben um den Gegner zu Fall zu bringen, zum Einsatz kommen.
Trainingsarten
Boxen. Zur damaligen Zeit war Dynamik beim Boxen eher unüblich. Stattdessen sollte die Haltung steif und aufrecht bleiben. Die führende Hand wurde angespannt, während der hintere Unterarm für eine Abwehr des Angreifers sorgte oder den Brustbereich damit abdeckte.
Savate-Boxen. Savate ist frz. für ‚abgetragener Schuh‘. Entscheidend hierbei war, dass nicht mit bloßen geschlossenen Fäusten gekämpft wurde, da man sich damit bei ernsthafter Verletzungsgefahr strafbar machen konnte.
Jujitsu. Barton fasste diese Kampfkunst nach drei Prinzipien zusammen. In erster Line solle man dafür sorgen, dass der Gegner Probleme mit dem Gleichgewicht bekommt. Darüber hinaus solle ein überraschender Angriff erfolgen, bevor der andere überhaupt erst die Chance hat, sich wieder aufzurappeln. Zuletzt bestehe ein Kunstgriff darin, Gelenke des Gegenübers zu ergreifen, weil derjenige somit keine Möglichkeit hat, sich zu wehren.
Stockfechten. Mit dem Stock konnten Schläge in Richtung Gesicht, Kopf, Handgelenke, Knie und Schienbeine erfolgen.

Improvisation – Defensive
Hut. Ein Hut zur Abwehr ist insofern hilfreich, als dass das Gegenüber dadurch leicht den Überblick über das Geschehen verlieren kann. Am ehesten passiert dies, wenn man seinen Hut unerwartet abnimmt und ihn dem Gegner direkt vor dessen Gesicht hält. Im Anschluss kann man ihn zu Boden strecken. Ebenso lässt sich der Hut wie ein Abwehrschild verwenden. Je weiter man den Hut dabei von sich weghält, desto geringer ist die Chance, vom anderen getroffen zu werden.
Mantel. Selbst wenn es zu einem Gegenangriff mit einem Messer kommen sollte, kann die Verteidigung mit einem Mantel helfen. Am besten funktioniert dies, wenn der Mantel über den Schultern hängt, ohne dass man die Arme durch die Ärmel gesteckt hat. Denn so gelingt es am schnellsten, das Kleidungsstück quasi als Waffe einzusetzen. Das Gegenüber wird kaum mit diesem Schachzug rechnen und so überrascht sein, dass ausreichend Zeit bleibt, dem anderen einige Male eines mit dem Mantel überzuziehen.
Offensive
Jab. Sowohl mit dem oberen als auch mit dem unteren Ende des Spazierstocks kann angegriffen werden. Jedoch ist die Nutzung des oberen Endes wesentlich effektiver, weil mehr Schmerzen zugefügt werden können. Ein entscheidender Faktor ist die Schnelligkeit der Stockbewegungen, die es dem Angegriffenen erschwert, sich sinnvoll zu verteidigen.
Thrust. Vom Prinzip her funktioniert diese Maßnahme genauso wie der Jab, wobei die Distanz zwischen den Beteiligten wesentlich größer ist. Der Arm muss komplett ausgestreckt sein.
Cuts. Ein Cut kann in alle Richtungen erfolgen. Wichtig ist, dass die Bewegungen ziemlich ruckartig stattfinden. Oft am wirkungsvollsten ist eine plötzliche Bewegung nach unten.
Trainingsmöglichkeiten in Deutschland
Wuppertal. In Wuppertal werden Seminare zur Bartitsukampfkunst angeboten. In einer kleinen Gruppe lernt man dort vier Teildisziplinen, mit Hilfe derer Sie die Grundlagen kennenlernen und am eigenen Leib erfahren werden. Es werden keine Vorkenntnisse benötigt. Voraussetzung ist, Sportkleidung zu tragen. Zudem schadet es nicht, Schienbeinschützer, einen Mundschutz, einen Kopfschutz, Boxhandschuhe, Kampfkunstschuhe sowie einen Tiefschutz mitzubringen, sofern man das entsprechende Equipment besitzt.
Hamburg. Auch in Hamburg lässt sich diese spannende Kampfkunst trainieren. Hier liegt der Schwerpunkt vor allem auf einer Modernisierung. Das heißt, auch Techniken aus dem Wing-Chun, dem Sizilianischen Messerkampf und dem Arnis spielen eine große Rolle. Unverbindliche Schnupperstunden sind möglich.
Pforzheim und Karlsruhe. In diesen beiden Städten ist es möglich, sowohl ein Fecht-Hut-Training als auch Bartitsu zu praktizieren. Im Vordergrund stehen dabei die Fokussierung sowie die Konzentration. Aufgrund von Weiterentwicklungen kann sich der Trainingsablauf stets ändern. Eigenes Material wird zu Beginn nicht benötigt.
Erst nach individuellen Erfahrungen sollten Sie sich überlegen, ob Sie selbst eine Waffe zum Kämpfen haben möchten und welche sich da am besten für Sie eignet. Ein Paralleltraining mit mehreren verschiedenen Waffenarten stellt kein Problem dar.
Hannover. Schließlich kann auch in Hannover neben Karate ein Bartitsutraining durchlaufen werden. Wegen potentieller Termine müssten Sie im Vorfeld Kontakt mit dem Anbieter vor Ort aufnehmen.
Weiterführende Quellen
Englisch
- https://www.artofmanliness.com/articles/bartitsu-gentlemen/
- https://blackbeltwiki.com/bartitsu
- https://www.thevintagenews.com/2018/02/24/bartitsu-defense/
- https://breakingmuscle.com/fitness/bartitsu-the-steampunk-mixed-martial-art
Deutsch
- https://www.alte-kampfkunst.de/events/event/bartitsu/
- https://www.bksv.de/bartitsu/
- https://fecht-hut.de/cms/waffen/bartitsu
- https://bujutsu-hannover.de/bartitsu-hannover/
Headerbild: Jeremy Walter – Shutterstock
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