Ist das Steak auf Ihrem Teller wirklich so lecker, wie Sie glauben?
Ein kurzer Ausflug in die Wirklichkeit, damit Sie beim nächsten BBQ Ihre Gäste standesgemäß beeindrucken können
Es ist Sommer, es ist warm, Zeit für den Grill! Hand aufs Herz: Legen auch Sie das vormarinierte Fleisch vom Discounter auf Ihre nicht ganz so günstige BBQ-Maschine? Und glauben Sie wirklich, dass Sie mit dem Billigfleisch Ihrem Körper etwas Gutes tun? Dann lehnen Sie sich für ein paar Minuten zurück und lesen Sie weiter. Trinken Sie aber vorher einen Schluck, es wird Ihnen womöglich nicht gefallen … Steigen wir ins Thema ein.
‚Gras fed‘ vs. ‚Grain fed‘
Um eine stärkere Marmorierung und damit eine größere Zartheit und noch mehr Geschmack zu erhalten, gibt es in den USA, Australien und Uruguay einen Trick: Die Tiere werden erst mindestens 100 Tage vor der Schlachtung zusätzlich zum regulären Kraftfutter mit Getreide gefüttert (grain fed beef bzw. grain finished beef).
Eine andere Bezeichnung lautet getreidegefüttertes Rindfleisch.
Die Tiere, die in Argentinien und Irland aufwachsen, verbringen dagegen fast ihr ganzes Leben in freier Natur.
Sie ernähren sich von frischem Gras und klarem Wasser (grass fed beef oder Weidefleisch), tragen die Bezeichnung grasgefüttertes Rindfleisch also zu Recht.
Ihr Fleisch ist ein echtes Naturprodukt und enthält mehr Omega-3-Fettsäuren und konjugierte Linolsäure. 1 Grass-Fed vs. Grain-Fed Beef — What’s the Difference? healthline.com
Also, ist es wirklich von Bedeutung, was Kühe fressen?
Ist die Qualität von Rindfleisch wirklich so wichtig?
Die Wissenschaft sagt ja – und zwar hat es Bedeutung für Ihre Gesundheit, für das Ökosystem, in dem die Tiere aufwachsen und für den Planeten insgesamt.
Hier gebe ich Ihnen vier Gründe, warum Weidefleisch besser für Sie (und die Kühe) ist, als Fleisch aus der „Intensivtierhaltung“.
Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) lag „der geschätzte Pro-Kopf-Verzehr […] 2022 bei 52,0 kg“. 2 Nach vorläufigen Zahlen ist der Außenhandel mit lebenden Tieren 2022 rückläufig bmel-statistik.de
Lassen Sie uns also mal über Fleisch reden.
Massentierhaltung und Bakterien
Feedlots, wie sie beispielsweise in den USA oder Argentinien üblich sind, oder die in Deutschland übliche Laufstallhaltung, sind furchtbar. 3 Feedlot wikipedia.org
Kühe stehen dicht gedrängt wie die Sardinen in ihnen, mit kaum Raum zum Fressen.
Und da Kühe keine Toiletten benutzen, müssen sie sich dort erleichtern, wo sie die ganze Zeit stehen.
Es gibt Ableitungen, aber zu behaupten, dass der Schmutz und die Fäkalien sauber weggespült werden, wäre eine Lüge.
Es ist auch normal, dass die Kühe in ihren eigenen Exkrementen (und denen der anderen Kühe) stehen.
Ein guter Artikel zum Thema Massentierhaltung findet sich bei der Albert-Schweitzer-Stiftung. 4 Was ist Massentierhaltung? albert-schweitzer-stiftung.de
„Oft sind die Keime aus den Tierställen selbst harmlos, aber sie tragen dazu bei, Resistenzen aufzubauen. Der Mensch kann dann bei der nächsten Infektion nicht mehr behandelt werden. Deshalb warnt die Weltgesundheitsorganisation vor einer drohenden medizinischen Katastrophe.“ warnt die Süddeutsche Zeitung in ihrem Artikel Fressen und Moral vom 3. März 2014. 5 Auswirkungen auf die Tiere und den Menschen sueddeutsche.de
Weidekühe hingegen können nach der Darmentleerung einfach weggehen.
Sie sind deshalb nicht dem Level an Dreck und Krankheitserregern ausgesetzt, denen die industriell aufgezogenen Kühe jeden Tag begegnen.
Weidefleisch ist nicht mit Antibiotika vollgestopft
Angstmache, finden Sie?
Antibiotika verschreibt der Arzt, wenn man krank ist, ist doch besser, wenn man sie gleich über die Nahrung bekommt, meinen Sie?
Nicht ganz …
Die ekelhaften Bedingungen der konventionellen Landwirtschaft machen Tiere krank und lassen sie sterben, richtig?
Und der Verlust von Tieren bedeutet Gewinnausfall.
Das Sicherstellen hygienischer Bedingungen führt aber auch zu geringerer Produktion und damit zu Gewinnausfällen.
Was kann die Industrie dagegen tun?
Die billige Lösung besteht darin, den Kühen routinemäßig Breitbandantibiotika zu verabreichen, sodass sie lange genug am Leben bleiben, um zur vollen Größe zu wachsen.
Dazu kommen neben Antibiotika auch Wachstumshormone zum Einsatz, die für eine rapide Zunahme an Masse innerhalb kürzester Zeit sorgen. 6 Unser täglich Hormonfleisch zeit.de
Was aber passiert eigentlich, wenn Sie immer wieder die gleichen Antibiotika verwenden?
Ganz einfach: Krankheitserreger werden gegen dieses spezielle Antibiotikum resistent.
Da die Tiere auch einen großen Teil der Antibiotika unverändert durch ihren Kot ausscheiden, gelangen voll aktive Antibiotika zurück in die Boden- und Wassersysteme.
Das fördert nicht nur bei Kühen, sondern auch beim Menschen, antibiotikaresistente Krankheiten.
Weil Gras gefütterte Tiere Weiden und Platz haben, sind sie nicht den Keimen ausgesetzt, denen die in der Fabrik gehaltenen Kühe ausgesetzt sind.
Deshalb benötigen sie auch keine permanenten Dosen präventiver Antibiotika.
Eine große Palette an Informationen über unseren Fleischkonsum bietet der jährlich erscheinende Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung. 7 Der Fleischatlas boell.de
Gras gefüttertes Rindfleisch schafft Boden, während konventionell gezüchtetes Rindfleisch den Boden zerstört
Da Antibiotika zurück in die Erde gelangen, sterben die nützlichen Bakterien und Organismen, die einen gesunden Boden aufbauen, ab.
Das endet mit Erde, die nichts wachsen lassen kann und wahrscheinlich erodieren wird, wenn es regnet.
Gras gefütterte Tiere erzeugen unter anderem Kot, der die Pflanzen mit Nährstoffen versorgt, sowie für das Boden–Mikrobiom nützliche Bakterien.
Das Ergebnis?
Ein ausgewogenes Ökosystem aus gesundem, fruchtbarem Boden, gesunden Pflanzen und Land, das bei der kleinsten Schlechtwetterlage nicht gleich erodiert.
Das Umweltinstitut München e. V. beschreibt in einem Artikel, wie die aus der Tierhaltung in den Boden abgeleiteten Nitrate und Antibiotika das Grundwasser verschmutzen. 8 Massentierhaltung und ihre Auswirkungen umweltinstitut.org
Gras gefüttertes Rindfleisch ist nahrhafter
Unter anderem hat Weidefleisch auch einen höheren Gehalt an Carotinoiden, wodurch das Fett gelb erscheint.
Mehr Carotinoide bedeutet mehr Antioxidantien und Nährstoffe.
Die Nährwerte von Rindfleisch aus guter Haltung sind besser.
Zusätzlicher Bonus: mehr Geschmack.
Laut der Internetseite statista.com wurden „Im Jahr 2021 […] in Deutschland rund 69,7 Prozent der von Privathaushalten eingekauften Fleisch- und Wurstwaren in vorverpackter Form abgegeben“. Deshalb ist es an der Zeit, Weidefleisch stärker in den Fokus zu rücken.
Das Motto lautet: „Lieber weniger, aber dafür besser“. 9 Verpackungsstruktur von Fleisch- und Wurstwaren in Deutschland bis 2021 de.statista.com
Bonusgrund: Gras gefüttertes Rindfleisch schmeckt besser
Und zu guter Letzt: Wenn Sie gras fed und konventionell gezüchtetes Rindfleisch vergleichen, werden Sie einen Unterschied feststellen: Der Geschmack von Rindfleisch unterscheidet sich!
Fabrikfleisch hat nicht die Geschmackskomplexität, die hochwertiges Weidefleisch hat.
Falls Sie noch nicht auf Weidefleisch umgestiegen sind, sollten Sie jetzt anfangen.
Auch wenn es bedeutet, dass Sie weniger Fleisch essen werden, denn der Preis von Rindfleisch aus Weidehaltung ist in der Regel höher.
Gras gefüttertes Rindfleisch ist die rundum bessere Alternative für Ihre Geschmacksnerven, Ihren Körper und nicht zuletzt für die Kühe.
Abgesehen davon macht das nächste BBQ auf Ihrem Supergrill mit gutem Fleisch auch viel mehr Spaß als mit der Bratwurst aus der 99-Cent-Packung.
Quellen
- 1Grass-Fed vs. Grain-Fed Beef — What’s the Difference? healthline.com
- 2
- 3Feedlot wikipedia.org
- 4Was ist Massentierhaltung? albert-schweitzer-stiftung.de
- 5Auswirkungen auf die Tiere und den Menschen sueddeutsche.de
- 6Unser täglich Hormonfleisch zeit.de
- 7Der Fleischatlas boell.de
- 8Massentierhaltung und ihre Auswirkungen umweltinstitut.org
- 9